Eine gemeinsame Pressemitteilung der Vereine MTV Wolfenbüttel, WSV 21, DLRG Ortsgruppe Wolfenbüttel und des Kreissportbundes Wolfenbüttel:
Die kürzlich veröffentlichte Umfrage zur Schwimmfähigkeit der Wolfenbütteler Viertklässler zeigt gravierende Schwächen in der Definition und Bewertung der Schwimmfähigkeiten auf. Die Einteilung der abgefragten Kategorien ist aus Sicht der Schwimmausbildungsvereine und des Kreissportbundes Wolfenbüttel unzutreffend und vermittelt ein falsches Bild. Dies hatten die Vereine bereits in der Sitzung des Ausschusses für Sport und Freizeit angemerkt.
Sichere Schwimmfähigkeit ab Freischwimmer-Niveau
Sichere Schwimmfähigkeit beginnt erst auf dem Niveau des „Freischwimmer“-Abzeichens, wie es von der DLRG und den beiden Schwimmbädern in Wolfenbüttel gefordert wird. Kinder, die dieses Niveau nicht erreicht haben, können aus Sicherheitsgründen öffentliche Bäder nur eingeschränkt oder gar nicht nutzen. Damit kann die Einschätzung, dass rund 95 Prozent der Viertklässler „schwimmen können“, so nicht stehen bleiben. Tatsächlich erreichen nur etwa 70 Prozent der Kinder dieses Niveau. Dies deckt sich mit den bundesweiten Erhebungen der DLRG aus dem Jahr 2022, wonach rund 40 Prozent der Kinder nicht oder nicht sicher schwimmen können.
„Die Zahlen der Abfrage vermitteln eine falsche Sicherheit, da nur Kinder mit Bronzeabzeichen als sichere Schwimmer gelten. Für die DLRG und den DSV bedeutet messbar sicheres Schwimmen, die Erreichung des Schwimmabzeichens Bronze. Danach sind 114 Kinder der vierten Klassen Nichtschwimmer. Das sind 30,9 Prozent und damit kann jedes dritte Kind nicht sicher schwimmen.“, merkt Petra Vogel vom MTV Wolfenbüttel an.
Realität in Wolfenbüttel: Wartelisten und Kursengpässe
Die aktuellen Anmeldezahlen und die langen Wartezeiten für Schwimmkurse in Wolfenbüttel widersprechen ebenfalls der Annahme, dass fast alle Kinder schwimmen können. Besonders bei Kindern, bei denen angegeben wurde, dass sie zwar schwimmen können, aber kein Abzeichen haben, ist davon auszugehen, dass viele das Abzeichen trotz besuchter Kurse nicht bestanden haben – ein Indikator, dass ihre Schwimmfähigkeit nicht ausreichend ist. Eine Schwimmfähigkeitsquote von 95 Prozent würde Wolfenbüttel mit Blick auf das Land Niedersachsen zu einem unglaublichen Ausnahmefall machen. Der KSB Wolfenbüttel berichtet, dass das Thema Schwimmfähigkeit auch innerhalb des Landessportbundes und des Landesschwimmverbandes ein drängendes sei, dass in den letzten Jahren immer wieder durch Förderprogramme zurecht in die öffentliche Debatte gerückt wurde.
Pandemie, Energiekrise und unberücksichtigte Kindergruppen
Ein weiterer kritischer Punkt: Kinder im älteren Alter, die während der Pandemie und Energiekrise nicht Schwimmenlernen konnten, wurden in der Umfrage nicht berücksichtigt. Eine Umfrage des WSV 21 zeigt, dass hier eine erhebliche Dunkelziffer besteht, die die tatsächliche Schwimmfähigkeit der jüngeren Generationen stark beeinträchtigt. Diese Kinder haben besonderen Nachholbedarf, der in den Ergebnissen der städtischen Erhebung komplett außer Acht gelassen wurde.
WSV 21: Schulprojekt zur Schwimmförderung
Bereits seit einigen Jahren unterstützt der WSV 21 aktiv den Schwimmunterricht an den Wolfenbütteler Schulen, da dieser häufig an der Verfügbarkeit von rettungsfähigem Lehrpersonal scheitert. Der Verein stellt einen eigenen Trainer zur Verfügung, der den Schwimmunterricht begleitet und die Schwimmausbildung der Kinder verbessert. Das Projekt wird durch die Jägermeister-Stiftung sowie Kooperationsverträge mit den Schulen finanziert.
MTV Wolfenbüttel: Kooperation mit Kita und Schulen
Der MTV Wolfenbüttel führt aus den gleichen Gründen seit Jahren Anfängerschwimmkurse für Kita und Schulen durch, um die Schwimmfähigkeit von Kindern in Wolfenbüttel zu fördern.
Motivation und soziale Hürden
Ein weiteres Problem stellt die Motivation älterer Kinder dar, die noch nicht schwimmen können. „Nicht-Schwimmen-Können“ ist ein schambeladenes Thema. Je älter die Kinder werden, desto schwieriger ist es, sie für Schwimmkurse zu gewinnen. Hier braucht es besondere Anreize und Angebote, um diese Kinder zu erreichen und ihnen den Einstieg zu erleichtern.
Darüber hinaus gibt es Familien, in denen das Schwimmenlernen aus verschiedenen Gründen kein hoher Stellenwert eingeräumt wird. In diesen Fällen sind oft kulturelle oder wirtschaftliche Hürden ausschlaggebend. Diese Familien benötigen eine gezielte Ansprache und besondere Unterstützung, um sicherzustellen, dass auch deren Kinder die wichtige Fähigkeit des Schwimmens erlernen können.
Gemeinsames Ziel: Jedem Kind ein Angebot machen
Trotz dieser Kritik an der angenommen Ausganssituation sind sich die Vereine MTV Wolfenbüttel, WSV 21 und DLRG mit der Stadt einig: Jedes Kind in Wolfenbüttel soll schwimmen lernen. Hierzu bekräftigen die Vereine ihre Bereitschaft, gemeinsam mit der Stadt Lösungen zu erarbeiten und aktiv Angebote zu unterbreiten. Bereits im Ausschuss für Sport und Freizeit signalisierten der WSV und der MTV ihre Unterstützung.
Optimistische Aussichten mit begrenzten Kapazitäten
Positiv ist, dass ein Jahrgang von etwa 400 Kindern voraussichtlich durch die Kapazitäten von Stadtbad, MTV und DLRG mit Schwimmkursen abgedeckt werden könnte. Allerdings müssen hierbei noch die Aufholeffekte u.a. der Pandemie-Jahrgänge berücksichtigt werden. Es besteht also weiterhin hoher Bedarf, der nicht allein durch die bestehenden Strukturen gedeckt werden kann.
Fazit
Die Vereine fordern eine realistische und differenzierte Bewertung der Schwimmfähigkeiten sowie konkrete Maßnahmen, um allen Kindern in Wolfenbüttel die Möglichkeit zu geben, sicher schwimmen zu lernen. Es bleibt dabei: Nur mit einem Freischwimmer-Abzeichen können wir von einer sicheren Schwimmfähigkeit sprechen – und das ist das Maß aller Dinge.
Für Rückfragen stehen Ihnen die Ansprechpartner der Vereine MTV Wolfenbüttel, WSV 21, DLRG sowie der Kreissportbund Wolfenbüttel zur Verfügung.